Subtypen bei Vorstufe des Diabetes entdeckt – Individuellere Therapie möglich

15.01.2021 23:53 von Stephanus Parmann

Prof Dr. Wagner. Foto: (c) Uni Tübingen

Diabetes ist eine weltweite Pandemie. Seit 1980 hat sich die Zahl der Menschen mit Diabetes weltweit vervierfacht. Allein in Deutschland leiden 7 Mio. an Diabetes! Tendenz: steigend. Von daher ist es dringend notwendig, zu Diabetes zu forschen, um die Gefahren von Diabetes schon im Vorfeld zu erkennen und Patienten darüber aufzuklären. Und das lohnt sich, denn die Vorstufe zu Diabetes (Prädiabetes) ist nicht einheitlich. Das haben Forscher des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen, des Universitätsklinikums Tübingen und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) herausgefunden. Leiter der klinischen Studienzentrale des Instituts für Diabetes und Stoffwechselforschung am Universitätsklinikum Tübingen ist Prof. Dr. Robert Wagner. 

 

Die Studie zeigt, dass es im Vorstadium beim Typ-2 Diabetes insgesamt sechs Vorstufen gibt, so genannte Untertypen (Subtypen), die von einander klar abgrenzbar sind. Die Ergenisse der Studie sind in der renommierten Fachzeitschrit Nature Medicine erschienen und lassen aufhorchen. "Bisher konnte man bei Menschen mit Prädiabetes nicht vorhersehen, ob sie einen Diabetes entwickeln und Risiken zu schweren Folgeerkrankungen wie Nierenversagen haben, oder nur eine harmlose Form von leicht höheren Blutzuckerwerten ohne bedeutsames Risiko aufweisen“, erläutert Prof. Dr. Hans-Ulrich Häring, der die Studie vor 25 Jahren initiierte. Eine wichtige Erkenntnis, um einer Diabetes Pandemie entgegenzutreten. Die Erkennung des Prädiabetes mit sechs Untertyypen erlaubt es nun, individuell und an die Krankheitsentstehung angepasste frühe Prävention und Therapie von Diabetes und seinen Folgeerkrankungen zu betreiben. Anhand der Kerngrößen der Stoffwechselerkrankung Diabetes wie etwa den Blutzuckerwerten, Leberfett, Körperfettverteilung, Blutfettspiegel und einem genetisches Risiko, konnten die Forschenden die sechs Untertypen des Prädiabetes erkennen. „Wie beim manifesten Diabetes gibt es auch im Vorstadium des Diabetes unterschiedliche Krankheitstypen, die sich durch Blutzuckerhöhe, Insulinwirkung und Insulinausschüttung, Körperfettverteilung, Leberfett sowie genetischem Risiko unterscheiden“, fasst Erstautor Prof. Dr. Robert Wagner vom DZD Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen (IDM) des Helmholtz Zentrums München an der Universität Tübingen das Ergebnis der Untersuchung zusammen. Bislang war nicht vorhersehbar, ob Menschen mit Prädiabetes einen manifeste Erkrankung entwickeln und Risiken wie dem Nierenversagen ausgesetzt sind. Drei der Untergruppen beziehungsweise. Subtypen (Cluster 1, 2 und 4) zeichnen sich durch ein niedriges Diabetes-Risiko aus. Die Probanden des Cluster 1 und 2 waren gesund. Dabei gehören dem Cluster 2 vor allem schlanke Menschen an. Sie haben ein besonders niedriges Risiko, an Komplikationen zu erkranken. Das Cluster 4 bilden übergewichtige Menschen, deren Stoffwechsel jedoch noch relativ gesund ist. Die drei übrigen Subtypen (Cluster 3, 5 und 6) wiederum gehen mit einem erhöhten Risiko für Diabetes und / oder Folgeerkrankungen einher. Menschen, die dem Subtyp 3 angehören, haben allerdings ein erhöhtes Risiko, an Diabetes zu erkranken. Grund: Sie bilden zu wenig Insulin. Das Erkrankungsrisiko für Menschen aus dem Cluster 5 ist ebenfalls hoch. Sie weisen eine ausgeprägte Fettleber und ein sehr großes Diabetesrisiko auf, weil ihr Körper resistent gegen die blutzuckersenkende Wirkung von Insulin ist. Beim Subtyp 6 treten bereits vor einer Diabetesdiagnose Schädigungen der Niere auf. Hier ist auch die Sterblichkeit besonders hoch.

Die Untersuchungen wurden vorgenommen an Probanden der Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms, die in den vergangenen 20 Jahren in Tübingen wiederholt intensiv klinisch, laborchemisch, kernspintomografisch und genetisch untersucht wurden. Sie wurden überprüft an 7000 Probanden der Whitehall II Kohorte in London. Resultat: dort konnten ebenfalls die sechs Untertypen des Prädiabetes ausgemacht werden. Fazit: Die Studienergebnisse sind ein wichtiger Schritt hin zu einer individuellen Behandlung der Volskrankheit, ein Schritt zur personalisierten Medizin. "Die Identifizierung von Subtypen im Vorstadium des Typ-2-Diabetes ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer Präzisionsmedizin bei der Prävention des Diabetes und seiner Begleiterkrankungen“, urteilt denn auch DZD-Vorstand Prof. Martin Hrabě de Angelis völlig zu Recht.

Stephanus Parmann

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