Energetisches Quartierskonzept für die westliche und nördliche Gropiusstadt

28.07.2022 10:01 von Redaktion

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Heiße Sommer mit Spitzentemperaturen nahe der 40 Grad Marke, langanhaltende Trockenheit und die Zunahme tropischer Nächte, in denen die niedrigste Lufttemperatur in zwei Metern Höhe nicht unter 20°C fällt – die Folgen des Klimawandels sind auf Schritt und Tritt auch in Berlin spürbar. Um hier gegenzusteuern, hat Berlin das Ziel, 2045 klimaneutral zu werden. „Im Land Berlin soll die Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen bis zum Jahr 2020 um mindestens 40 Prozent, bis zum Jahr 2030 um mindestens 70 Prozent, bis zum Jahr 2040 um mindestens 90 Prozent und spätestens bis zum Jahr 2045 um mindestens 95 Prozent im Vergleich zu der Gesamtsumme der Kohlendioxidemissionen des Jahres 1990 verringert werden. Daneben sollen alle sonstigen Treibhausgasemissionen vergleichbar reduziert werde“, formuliert das Energiewende- und Klimaschutzgesetz des Landes. Es orientiert sich am  „Übereinkommen von Paris das von den Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen unterzeichnete und von der Bundesrepublik Deutschland mit Gesetz vom 28. September 2016 ratifizierte Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015.

Eine Maßnahme, um diese Ziele in Neukölln zu erreichen, ist die Erstellung eines Integrierten energetischen Quartierkonzepts für die westliche und nördliche Gropiusstadt, ein Gebiet, das vom Kölner Damm bis zum Goldammerweg und von der Otto-Wels-Straße Ecke Fritz-Reuter-Allee bis zum Sollmannweg reicht. Ausgewählt wurde die Gropiusstadt, weil sie sich nach 50 Jahren in einer Umbruchphase befindet und der Wohnbestand der Modernisierung und Sanierung bedarf oder mitunter auch der Umnutzung und Ergänzung, um auf den Stand eines modernen Quartiers zu kommen. Ferner steht die Gropiusstadt beispielhaft für einen Zielkonflikt. Klimaschutz und Soziales sind die Spannungsfelder. Von daher stellt sich das Konzept dieser Herausforderung und hat zum Ziel, Klimaschutz sozialverträglich zu gestalten. Das ist essentiell, weil schon die Erfahrungen mit Modernisierungen im Wohnbestand zeigen, dass sie im schlimmsten Fall zu einer Verdrängung von Teilen der Mieterschaft führen, weil sie die mit Modernisierungsumlagen einhergehenden Mietsteigerungen nicht mehr mittragen können. Das Verhältnis Mieterschaft und Wohnungsbaugesellschaften beziehungsweise Wohnungsunternehmen ist das eine. Auf der anderen Seite steht, wie hier, die Verantwortung der öffentlichen Hand, den Klimaschutz voranzubringen und zu bewältigen. So im öffentlichen Raum und mit tragfähigen Mobilitätskonzepten. So können öffentliche Einrichtungen eine Vorbildwirkung haben. Etwa bei einer energieeffizienten technischen Ausstattung, beim Schutz und dem Erhalt von Grünflächen, die der Sommerhitze entgegenwirken oder bei der Regeneration von  Grundwasser, um nur einige Beispiele zu nennen. Um nun der Komplexität des Vorhabens,  bis 2045 Klimaneutralität herzustellen, gerecht zu werden, muss Klimaschutz als Querschnittsaufgabe verstanden werden und bedarf es eines energetischen Konzepts nach eingehender Analyse der Problemfelder und Handlungsfelder, um Maßnahmen zu entwickeln, die sich dauerhaft und nachweisbar positiv auf das Klima auswirken. Von daher hat der Bezirk das Büro Seecon Ingenieure beauftragt, eine umfassende Bestandsaufnahme durchzuführen, zu 75 Prozent finanziert durch Mittel des  KFW-Programms energetische Stadtsanierung. Seecon hat bereits im Juli 2021 damit begonnen, die Bereiche  im Untersuchungsgebiet westliche und nördliche Gropiusstadt auszumachen, in denen die größten CO2-Emissionen zu beobachten sind. In einem zweiten Schritt wurden Maßnahmen vorgeschlagen, wie diese reduziert werden können, um daraus ein Handlungsfeld zu entwickeln. In einem weiteren Schritt bedarf es der Mittelakquise, um über Fördertöpfe die geeigneten Maßnahmen auch praktisch umzusetzen. Erste Ergebnisse wurden von Seecon im Auftrag des Bezirks am 6. Juli 2022 im Gemeinschaftshaus Gropiusstadt einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt. Gewünscht war Bürgerbeteiligung, die aber blieb aus. Nur eine Handvoll Bürger fanden den Weg zu einem Thema, das angesichts von Klimawandel und Energiekrise schon jetzt ihr Leben tiefgreifend beeinflusst. Auch eine auf mein.berlin.de inszenierte Onlinebeteiligung und Befragung von Bürgern, die ihre Ideen zu einem sozialverträglichem integrierten energetischen Konzeptioniert hätten einbringen können, war gleich Null. Auch wenn es nicht gerade einfach ist, komplexe Vorhaben bürgernah darzustellen, zeigt dies, dass der Erfolg einer von den Bürgern mitgetragene Energiewende auch stark davon abhängt, wie man kommuniziert. Handzettel in Briefkästen zu verteilen, reicht wohl nicht, müssen sich Stadtentwicklungs- und Umweltstadtrat Jochen Biedermann und Bezirksbürgermeister Martin Hikel zu Herzen nehmen. Und dies schmerzt umso mehr, wenn man bedenkt, dass die Gropiusstadt ein starkes Netzwerk mit Akteuren hat, die  wichtige Bürgerthemen bis in den letzten Winkel zu tragen, imstande sind. 


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