Großer Andrang bei der Offenen Tafel

13.09.2018 23:41 von Stephanus Parmann

Orientalische Speisen wie ein fantastisch schmeckendes Bulgur, exzellenter deutscher Apfelkuchen, Brownies vom Feinsten, gefüllte Blätterteigtaschen und eine wohlduftende indonesische Hühnersuppe mit gekochtem Ei – was auf der Offenen Tafel an internationalen Spezialitäten auf den Tisch kann, war mit Liebe gemacht. Hunderte Rudower Bürger kamen, saßen bei mildem Sommerwetter zusammen vor der Dorfschule in Alt-Rudow, teilten ihr Essen und in Gesprächen ihre Gedanken und Gefühle. 

Die Bürger aufgerufen, Essen mitzubringen, um es mit anderen zu teilen, hatte die Initiative „Rudow empört sich, Gemeinsam für Respekt und Vielfalt". Sie gründete sich im Februar des Jahres, um deutliche Zeichen gegen die rechtsmotivierte Gewalt zu setzen, von der Rudow seit mehreren Jahren heimgesucht wird. Nur wenige Tage zuvor brannten wieder Autos in Rudow, von Menschen, die sich weltoffen für ein tolerantes Miteinander Kulturen engagieren. „Wir wollen uns mit dieser Gewalt nicht abfinden, wir wollen nicht zitternd und zagend uns mundtot machen lassen!  Und wir wollen und werden uns nicht damit abfinden, dass auch hier – wie an anderen Stellen in unserem Land und europaweit – Rassismus, Hass und Spaltungen gesät und Schmerz und Angst und Verstörungen geerntet werden. Das beschämt uns, das empört uns und deshalb empören wir uns zusammen!“ betonte Beate Dirschauer, Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Rudow, in ihrer bewegenden Rede.

Bei den Brandstiftungen in Rudow, die Dirschauer in Erinnerung brachte, handelt es sich also um politisch rechtsmotivierte Straftaten, davon geht auch der Staatsschutz aus. Betroffen sind Christen, die sich Flüchtlinge einsetzen, politisch für eine offene und multikulturelle Gesellschaft und für ein Leben in Würde und Freiheit. Angegriffen wurden mit den nächtlichen Anschläge auf die Autos eine Schriftstellerin, die sich für Frauenrechte weltweit einsetzt, ein Buchhändler, der mit Lesungen auf Rassismus aufmerksam macht sowie Bezirksverordnete der Neuköllner SPD und Gewerkschafter, die internationale Solidarität leben. Wie durch ein Wunder wurden Häuser vom Übergreifen der Flammen verschont – dass Menschen bei den Anschlägen zu Schaden kommen, wurde von dem oder den Tätern billigend in Kauf genommen. Erst kürzlich wurde nach dem Brandanschlag auf ein Auto in Rudows Krokusstraße, ein verdächitger Mann aus der rechtsextremen Szene festgenommen. Seine Wohnung wurde durchsucht, bei ihm fand die Polizei eine Namensliste, auf der eine Bezirksverordnete der Neuköllner SPD und der CDU stand, Vorsichtsmaßnahmen werden ergriffen. 

Mit der Offenen Tafel zeigte sich Rudow von einer anderen Seite, von seiner besten. Rudower aus Europa, Afrika und Asien kamen zusammen und zeigten, wie sich Vielfalt in Respekt und Achtung begegnet, wie „aus Fremden Nachbarn werden, die als bunt zusammengewürfelte Gruppe einzelner Männer, Frauen und Kindern eine aufrechte, gestärkte und lebendige Gemeinschaft wird. Die Menschen teilten nicht nur ihr liebevoll zubereitetes Essen, sie sangen gemeinsam Lieder mit einem kleinen Chor um Sara Maria Rilling, Tochter des Bach-Dirigenten Hellmuth Rilling, und feierten die Vielfalt des Lebens. Dafür setzt sich auch Bezirksbürgermeister Hikel ein. Er erinnerte daran,

dass die Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln sich mit großer Mehrheit am 28. Februar des Jahres in einer Entschließung „Gegen rechten Terror in Neukölln“ ausgesprochen hat und die Behördenleitung der Berliner Polizei aufgerufen hat, sich bei der Staatsanwaltschaft dafür einzusetzen, dass diese Anschlagsserie als terroristisch eingestuft wird. „Betroffene und die Neuköllner Bevölkerung erwarten nunmehr endlich Erfolge bei der Aufklärung dieser Taten“, so Hikel. „Gesetze gelten für alle und müssen auch durchgesetzt werden, ob es sich um Nazis handelt oder arabische Clans“. Der Bezirk stehe jedenfalls voll und hinter den Demokraten, betonte der Bürgermeister unter großem Applaus.

„Aufstehen, aufeinander zugehen, voneinander lernen, miteinander umzugehen“ (Dirschauer) dafür Sorge zu tragen, ist  der Weg, den viele Rudower in ihrem Alltagsleben gehen, damit Rudow weiterhin ein Ort bleibt, in dem sich Menschen den globalen Herausforderungen, Aufgaben, Sorgen und Ängsten gegenüber nicht feindlich verschließen, sondern diese gemeinsam in den Blick nehmen und sie mit Phantasie und Lebendigkeit angehen.

 

 

 

 

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