Neues vom Busstreit

01.11.2012 17:11 von Stephanus Parmann

Der Kampf um eine vernünftige Verkehrskonzeption für Rudow geht weiter

Knapp ein halbes Jahr nachdem die Straße Alt-Rudow nach gut 2,5 Jahren Bauzeit Ende 2010 für 2 Millionen Euro EU-Landes- und Bezirksmitteln auch für den Busverkehr saniert und neu asphaltiert worden war, wurden Mitte Juni 2011 Pläne der BVG bekannt, dass zukünftig wohl nur noch die Ringlinie 372 U-Rudow/Lettberger Straße Alt-Rudow passieren soll. Weil der neue Flughafen BER kommt, sehen Pläne der BVG vor, den Bus 171 in beiden Richtungen herauszunehmen und auf die Neuköllner Straße zu verlegen. Auch der 260er Bus soll nicht mehr durch die Straße Alt-Rudow fahren. Das aber macht die mit der erfolgreichen Sanierung der Straße Alt-Rudow erreichte Aufenthaltsqualität im Ortsteilzentrum Rudow und die sehr gute Erreichbarkeit zunichte, betont die Aktionsgemeinschaft Rudow (AG Rudow) und geht seitdem auf die Barrikaden.

Auf Druck der AG Rudow auf die Politik, legte die BVG kürzlich die aktuellen Pläne zur „Verkehrssituation im Bereich des U-Bahnhofs Rudow nach Eröffnung des neuen Flughafens BER“ vor. So geschehen Ende August in einer auf Antrag der Fraktion der SPD und der CDU zustande gekommenen Sitzung des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr im Berliner Abgeordnetenhaus, an der auch Vertreter der übrigen im Landtag vertretenen Parteien teilnahmen.

Die aktuellen Pläne der BVG für Rudow

Weil der neue Flughafen BER kommt, sehen Pläne der BVG vor, den Bus 171 in beiden Richtungen herauszunehmen und auf die Neuköllner Straße zu verlegen. Auch der 260er Bus soll aus Alt-Rudow herausgenommen werden. Ab Ende 2014, wenn für 5 Millionen Euro Landesmittel neu zu bauende und überdachte U7-Bahnausgänge an der Neuköllner Straße fertig gestellt sind, sollen an einer Haltestelle in Höhe des Seniorenwohnheimes am U-Bahnhof Rudow in der Neuköllner Straße insgesamt fünf Busse verkehren. Allein die Flughafenzubringer Busse X7 und X11 sollen mit der U-Bahntaktung alle fünf Minuten von hier aus zum neuen Flughafenterminal fahren. Hinzu kämen die Busse 171 in Richtung S-Schönefeld, der 260er nach Adlershof und der 371er Richtung Lieselotte Berger Platz. In der Gegenrichtung in Höhe des Discounters EDEKA halten dann Busse der Linien X7, X11 und 171. Um die Zweispurigkeit auf der Neuköllner Straße zu erhalten, sollen die Bushaltestellen „im Rahmen der Umbaumaßnahmen „noch mal eingerückt werden, indem ein Stückchen vom Fußweg weggenommen wird“, so Staatssekretär Christian Gaebler von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt.

Damit der Bus-Shuttle zum neuen Flughafenterminal abgewickelt werden kann, wurde südlich des Bildhauerwegs eine Wendekehre errichtet werden. Da der 171 bei der Linienführung durch die Neuköllner Straße am Bildhauerweg halten soll, sei die Erreichbarkeit des Ortsteilzentrums gewährleistet, so die BVG. Die AG Rudow befürchtet jedoch, dass „die Konzentration des BVG-Verkehrs auf die Neuköllner Straße die Sammel- und Verkehrsverteilungsfunktion der Kreuzung Rudower Spinne völlig verhindern und somit den südlichen Teil Rudows vom Einkaufszentrum Alt-Rudow verkehrstechnisch abschneiden wird. Außerdem habe die Nutzung von 230 Metern der Neuköllner Straße für die Busse und Betriebshaltestellen (inklusive der Wendeschleife) einen vorprogrammierten Dauerstau an der Rudower Spinne zufolge. Das wiederum führe dazu, dass der Verkehr auf die Straße Alt-Rudow ausweichen würde, was das mit der Straßenbausanierung erreichte Ziel der Verkehrsberuhigung von Alt-Rudow auf Tempo 30 km/h zunichte mache.

BVG und Senatsverwaltung sehen kein Diskussionsbedarf

Alt-Rudow sei von der Neuköllner Straße aus nur wenige Meter entfernt, so Helmut Grätz, zuständig für den Unternehmensbereich Bus bei der BVG. „Ich bin ziemlich sicher, dass es nicht zu chaotischen Verhältnissen und zu leerstehenden Läden in Rudow“ kommen werde. Er sehe kein große Diskrepanz und keinen großen Diskussionsbedarf“. Dabei misst Grätz nur die Strecke der Straßen Hanfgraben (142 Meter lang)  und Bildhauerweg (119 Meter lang), nicht aber den Weg von der Haltestelle in der Neuköllner Straße zum Hanfgraben sowie den Weg, den ein Einkäufer noch in Alt-Rudow zurücklegen wird, um zum Arzt oder zu seinem Geschäft zu kommen. Täte er dies, käme er sicherlich auf eine Entfernung von 500 Metern, die ein Fußgänger, womöglich mit schweren Einkaufstüten, zurücklegen müsste, um dann beispielsweise zur neuen Haltestelle des 171 er Bus am Bildhauerweg zu gelangen. Für junge und sportliche Menschen vielleicht kein Problem, ältere Menschen, aber auch Familien mit Kindern, würden dann wohl eher woanders einkaufen.

Ähnlich wie Grätz beurteilt auch der Staatssekretär Gaebler von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Lage. Er plädierte in der Sitzung dafür, den „Kompromissvorschlag der BVG“ anzunehmen und „erst mal die für die Fahrgäste beste Lösung an der Stelle ausprobieren und sehen, ob es wirklich zu den Problemen kommt“, die die AG Rudow befürchtet. Das heißt, er werbe dafür, den 171er und die anderen Busse auf die Neuköllner Straße zu konzentrieren, weil da die „barrierefreie Erreichbarkeit“ gewährleistet sei. Später könne man ja, „gegebenenfalls bei der Linienführung noch mal nachsteuern“. Auch die Gefahr eines Verkehrskollapses an der Rudower Spinne, infolge von ständig an- und abfahrenden Bussen, sieht Gaebler nicht. Die Neuköllner Straße wäre bei der jetzigen Frequenz von 19 Tausend Fahrzeugen am Tag auch mit einer Fahrspur nicht überlastet, betont er. Außerdem sei es besser, wenn viele Busse geradeaus fahren. 
Nachbessern heißt jedoch für die AG Rudow: sind erst einmal die Kunden weg, bleiben sie weg.

Deutlich wurde auf der Sitzung, dass die BVG und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung beim „Interesse der Fahrgäste“ des Busses 171 unterstellen, dass der 171er Bus vorwiegend für Flugreisende bestimmt sei, was der gegenwärtigen Realität überhaupt nicht entspricht. Ein von den anwesenden Vertretern der Parteien angestrebtes Mediationsverfahren auf der Bezirksebene, wurde von der BVG und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung abgewiegelt mit der Begründung, dass es ohnehin ein Planfestestellungsverfahren mit Bürgerbeteiligung und Umfelduntersuchungen für die neuen U- Bahnhofausgänge gäbe, in dessen Rahmen weiter diskutiert werden könne. Nicht eingegangen sind die Vertreter der BVG und der Senatsverwaltung auf die von der Vorsitzenden der AG Rudow geäußerte Behauptung, bei der Verlegung der Busse aus der Straße Alt-Rudow handele es ich um einen Akt aus Kostengründen „Der wäre eine Auflage des Senats, hat man uns gesagt“, so Zannoni. Gerechnet werde so: Wenn der 171er Bus über die Neuköllner Straße fahre und nur noch in Höhe Bildhauerweg halte, spare man damit 1-2 Minuten Fahrzeit oder 50-60 Meter Fahrweg. Grund für die Einsparmaßnahme soll laut Informationen aus Neuköllner SPD-Kreisen die Finanzierung der Verlängerung der Linienführung des X7 zum neuen Flughafen-Terminal des BER sein.

Fragwürdig ist auch das, was der Staatssekretär Gaebler als Kompromissvorschlag der BVG bezeichnet. Denn hier wird in Wahrheit kein Kompromiss angeboten, sondern werden Fakten geschaffen. Und wenn die geschaffen sind, wird die AG Rudow kaum die Mittel besitzen, um nachzuweisen, dass der eine oder andere Kunde weggefallen ist. Eigentlich braucht sie das auch nicht. Denn im Vorfeld der Straßensanierung im Jahr 2005 wurde der AG Rudow in einem von der Wirtschaftsförderung des Bezirks in Auftrag gegebenen Standortgutachtens „Entwicklung des Ortsteilzentrums Alt-Rudow, Stärken-Schwächen-Analyse Handlungsempfehlungen“ bescheinigt, dass die Busse „Frequenzbringer für die Unternehmen im Ortsteilzentrum“ sind!

Wer sich vor Augen hält, welche Rolle der 171er Bus als Zubringerbus für Flugreisende spielt, dem wird klar, dass hier an der falschen Stelle gespart wird und auf Kosten von Rudow. Denn weder auf der Webseite der Flughafenbetreiber unter http://preview.berlin-airport.de/de/reisende/an-und-abreise/bus-und-bahn/nahverkehr/index.php noch auf der Webseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter  ist der 171er Bus als Flughafenzubringerbus vorrangig http://www.stadtentwicklung.berlin.de/verkehr/politik_planung/oepnv/planungen/de/anbindung_flughafen.shtml aufgeführt. Von ihm ist schlichtweg nicht die Rede. Und so bleibt die AG Rudow bei ihren Forderungen nach Verlängerung der U7 bis zum Regionalbahnhof Schönefeld sowie der Beibehaltung der bisherigen Linienführung sowie Betriebshaltestellen. Keinen Einspruch erhebt sie bei den Abfahrtsstellen der Linien X7 und X11 in der Neuköllner Straße. Denn das Flugreisende zu ihrem Flieger gebracht werden müssen, ist klar.

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Kommentare

Kommentar von Köhler Margarete | 14.09.2013

Sollte es so kommen,daß kein Bus mehr durch Alt-Rudow fährt, kaufe ich
woanders ein. Ich bin stark gehbehindert.Seit 1956 Rudowerin.

Kommentar von Armgard Hesse | 15.09.2013

Im Interesse der näheren und weiteren Anwohner, der Älteren und Behinderten muß zumindest die Linie 171 weiterhin durch Alt-Rudow verkehren. Mit freundlichen Grüßen Armgard Hesse

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